Die „Vorsorgevereinbarungen“ mit LEAG und MIBRAG sind ein offener Affront gegen Klimaschutzplan, Kohlekommission und völkerrechtliche Verpflichtungen

Zur Unterzeichnung von „Vorsorgevereinbarungen“ zwischen dem Freistaat Sachsen und den Braunkohleunternehmen LEAG und MIBRAG nimmt der energie- und klimapolitische Sprecher der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gerd Lippold, erste Stellung:

„Das sind Vereinbarungen wie aus einer Parallelwelt, in der es weder Klimaschutzabkommen noch eine fortgeschrittene Diskussion um den nationalen Kohleausstieg gibt“

„Diese Vereinbarungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Denn sie setzen schon vom Ansatz her voraus, dass der in der Kohlekommission diskutierte Kohleausstieg scheitert und der nationale Klimaschutz auch bis 2030 nicht in Gang kommt. Diese Vereinbarungen setzen nämlich voraus, dass die Kohleunternehmen ihre eigenen Abbaupläne vollumfänglich umsetzen. Einschließlich aller künftigen Betriebsplangenehmigungen, Genehmigungen für neue Abbaufelder und Abbaggerung weiterer Dörfer, die überhaupt nicht vorliegen und aller Voraussicht nach auch nie vorliegen werden.“

„Wenn vernünftige Leute einen Vertrag miteinander schließen, dann gehen sie davon aus, dass dieser Vertrag eingehalten werden soll, eingehalten werden kann und dass sich beide Seiten daran halten werden. Im sächsischen Oberbergamt ist das offenbar anders. Dort schließt man nun Verträge, die überhaupt nur dann Sinn machen, wenn Deutschland Völkerrecht mißachtet und wenn nationaler Klimaschutz krachend scheitert“, so schätzt Gerd Lippold die „Vorsorgevereinbarungen“ zwischen dem Sächsischen Oberbergamt und den Braunkohleunternehmen LEAG und MIBRAG ein.

„Es geht dabei um Milliarden, die nach geltendem Recht die Unternehmen für die Beseitigung der Tagebaufolgen zu zahlen haben. Was hier von Sachsens bergrechtlicher Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde unter der Führung von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) gespielt wird, das ist eine Farce!“

„Die Vereinbarungen gehen davon aus, dass die Zukunft der Kohleverstromung in Sachsen ausschließlich durch die eigenen Abbaupläne von LEAG und MIBRAG bestimmt wird. Damit setzen sie bereits vom Ansatz her voraus, dass nationale Klimaschutzpläne scheitern. Damit sind sie ein offener Affront gegen die Bundesregierung und die von ihr eingesetzte Kohlekommission. Sie sind eine energie- und klimapolitische Erpressung zur Fortsetzung bisheriger Geschäftsmodelle, weil sie eine politischen Rahmen voraussetzen, der mit zukunftsfähiger Energie- und Klimapolitik unvereinbar ist.“

„Als ob es die in Fahrt gekommene gesellschaftliche Debatte über einen rasch notwendigen Kohleausstieg gar nicht gäbe, dokumentiert Sachsens Bergbehörde unter Führung von Minister Dulig hier erneut in einem amtlichen Dokument ihre vollständige Realitätsverweigerung.“

„Auch gegen die Einschätzung und Diskussion der daraus resultierenden Risiken durch Parlament und Öffentlichkeit wählt Duligs Behörde bewährte Mittel: die Geheimhaltung aller relevanten Daten und Richtlinien zur Ansammlung und Anlage des Vorsorgevermögens.
Bereits im letzten Jahr war ein Sonderbericht des Sächsischen Rechnungshofes, der sich mit den Risiken aus Bergbaufolgekosten befasste, in Gänze als „Geheim“ eingestuft worden. Hier nun schließt der Freistaat einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem explizit bestimmt wird, dass alle wichtigen Daten die Öffentlichkeit und damit auch das Parlament nichts angehen. Das ist ein Skandal, den Kohlefreund Martin Dulig zu verantworten hat.“

Jeder klimaschutzkompatible Beschluss der Kohlekommission zum Ausstiegfahrplan macht bei Umsetzung in einem nationalen Klimaschutzgesetz die ausgehandelten sächsischen „Vorsorgevereinbarungen“ zur Makulatur. Genau das ist aber offenbar Teil des Plans: den Bund als Schuldigen für das Nichtfunktionieren vorab erfolgter sächsischer Alleingänge verantwortlich zu machen und zur Deckung aller finanziellen Konsequenzen aufzufordern. Diese Strategie ist dermaßen durchsichtig, dass sie dem Freistaat auf die Füße fallen wird. Außerdem ist sie politisch vor der kommenden Landtagswahl hoch gefährlich: denn von Berlin- und Brüssel-Bashing profitiert nicht die in Sachsen und im Bund regierende schwarz-rote Koalition. Davon profitieren Rechtspopulisten.

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