Kritik der IG BCE am Klimaschutzbeitrag ist ohne Substanz

Die Resultate der IG BCE-Studie

„POTENTIELLE AUSWIRKUNGEN DES „NATIONALEN KLIMASCHUTZBEITRAGS“ AUF DIE BRAUNKOHLEWIRTSCHAFT“

sind als Argumente gegen das Eckpunktepapier aus dem Bundeswirtschaftsministerium untauglich.

Sie überschätzen systematisch und durchaus gezielt die Auswirkungen eines Klimaschutzbeitrags auf den existierenden Kraftwerkspark. Das Ziel besteht in der Bereitstellung einer scheinbar objektiven Rechtfertigung für das Spiel der IG BCE Führung mit Angst und Unsicherheit.

Wo liegen die Fehler? Hier ein kleiner Einblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

 

Fehler 1 in der Studie: „Weglassen“ einer besonders wichtigen Konsequenz.

Die Studie lässt eine besonders wichtige Auswirkung einfach ganz weg. Sie ignoriert den Effekt, den die Herausnahme mehrere Gigawatt Braunkohlestrom-Überkapazität an der Strombörse hätte. Die durchschnittlichen Börsenstrompreise würden nämlich steigen, die Preisschwankungen verstärkt. Beide Effekte bedeuten nicht nur bessere Marktchancen für moderne Gaskraftwerke, sondern auch bessere Margen für die dann noch existierenden Kohlekraftwerke. Auch innerhalb des Erzeugerportfolios einzelner Versorger würde das sogar zu verbesserter Ertragssituation führen!

Unternehmen bauen Arbeitsplätze ab, wenn die Ertragssituation schlechter wird. Mit verbesserter Ertragssituation hingegen haben sie die Chance, Arbeitsplätze durch Investition in anderen Geschäftsfeldern auch dann zu sichern und sogar zusätzlich zu schaffen, wenn die verbesserte Ertragslage aus der Stilllegung einzelner alter Aktivitäten resultiert.

 

Fehler 2 in der Studie: „Doppelbelastung“ konstruiert, wo keine ist.

Die Studie rechnet damit, dass zum derzeit üblichen CO2-Zertifikatepreis von etwa 7 EUR/t eine Klimaschutzabgabe von 19 EUR/t zu addieren sei.

Schon sehr früh nach Veröffentlichung des Eckpunktepapiers wurde hingegen klar gemacht, dass diese Doppelbelastung nicht geplant sei.

 

Fehler 3 in der Studie: Konstruktion einer Belastung auch für Strommengen, die innerhalb der Freigrenze liegen.

Bei der Kalkulation wird so getan, als wäre für erzeugten Strom grundsätzlich eine Abgabe von 19 EUR/t CO2 zu zahlen. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr existiert eine Freigrenze. Diese liegt bei 7 Mio. t/GW Kapazität für ein Kraftwerk im 21.Jahr und 3 Mio. t/GW im 40. Jahr mit linearer Abnahme dazwischen. Das bedeutet, dass ein typisches Braunkohlenkraftwerk im 21. Jahr noch immer 7000 Stunden im Jahr Volllast laufen kann, ohne einen einzigen Cent zusätzlich zu zahlen. Ein 40 Jahre altes Kraftwerk immerhin noch 3000 Stunden. Nur für den Strom aus den darüber hinaus gefahrenen Betriebsstunden wäre die Abgabe fällig.

 

Fehler 4 in der Studie: Annahme, die Brennstoffkosten seien nicht am Markt variabel.

Die Studie lässt unberücksichtigt dass die Aufteilung der Margen zwischen Tagebau und Kraftwerk aushandelbar ist. Wenn ein Kraftwerk als einziger Abnehmer unwirtschaftlicher wird, dann würde ein Tagebaubetreiber in der realen Wirtschaft zunächst seine Margen kürzen, um den Kunden und damit sein eigenes Geschäft zu erhalten. Insofern ist die Kostensituation für das Kraftwerk keineswegs fix.

 

Fehler 5 in der Studie: „Weglassen“ weiterer Erlösquellen.

Weitere, attraktive Erlösquellen der konventionellen Kraftwerke, etwa durch Teilnahme am Regelenergiemarkt, werden „weggelassen“. Gerade sie könnten aber für Kohlekraftwerke, die durch Investitionen besser „Energiewendetauglich“ gemacht werden, die wirtschaftlichen Aussichten besser darstellen als in der Studie.

 

Fehler 6 in der Studie: Ignorieren der Möglichkeiten durch verändertes Agieren am Markt.

Optionen für anderes Verhalten am Strommarkt wurden nicht berücksichtigt. Die ausschließliche Vorab-Vermarktung am Terminmarkt könnte durch ein intelligenteres, Energiewende-tauglicheres Agieren am Markt ersetzt werden, dass die durchschnittlichen Erlöse je MWh verbessert.

 

Der zusätzliche „Fehler der Fehler“, durch IG BCE selbst gemacht: Generalisierung von Annahmen, die in Wirklichkeit nur für eine Teil der Kraftwerke zutreffen.

Die Studie rechnet mit ihren (falschen) Annahmen hypothetische (falsche) Kostenprognosen für alle 38 deutschen Braunkohlekraftwerksblöcke. Dabei ist jedoch völlig klar, dass  Eckpunktepapier überhaupt nur für eine Alterskohorte Regelungen trifft – nämlich für die Kraftwerke, die 2017 älter als 20 Jahre sind. Die maximalen Konsequenzen hat das Eckpunktepapier nur für die Kraftwerke, die 2017 40 Jahre alt und älter sind.

Der IG BCE ist das egal. Aus dem (falschen) Studienergebnis, dass fast alle Kraftwerksblöcke unwirtschaftlich würden, wenn denn alle Kraftwerksblöcke betroffen wären, schlussfolgert die IG BCE, es WÄREN alle heute betroffen und fast alle würden somit umgehend unwirtschaftlich.

 

Fazit:

Die Studie ist in ihren Aussagen zu den wirtschaftlichen Konsequenzen des Eckpunktepapiers aus dem Wirtschaftministerium so fehlerhaft, dass sie keinerlei Stütze für die Schlussfolgerungen der IG BCE-Führung darstellen kann. Gleichwohl werden die Aussagen der Studie nicht nur benutzt, um die Klimaschutzabgabe grundsätzlich anzugreifen, sie werden sogar noch über die Studie hinaus überdehnt.

Mit einer derart unseriösen Vorgehensweise tut sich die IG BCE selbst keinen Gefallen. Man mag zwar die eigenen Reihen mit solchen Pseudo-Argumenten schließen können, im Wettstreit der Argumente bei der ernsthaften Suche nach einem optimalen Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele UND der Reparatur des Strommarktes hingegen hat sich die IG BCE damit gründlich disqualifiziert.

Verwandte Artikel

Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld